Sprachoffensive

Seit nunmehr 15 Jahren setzt sich die EUREGIO EGRENSIS im Rahmen ihrer sogenannten Sprachoffensive dafür ein, die Sprachkompetenz im deutsch-tschechischen Grenzraum stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Eine zentrale Voraussetzung, um die grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen zu intensivieren, ist die Fähigkeit der Menschen, miteinander zu kommunizieren.

Erste Sprachkenntnisse ermöglichen es dem Einzelnen, mit seinem Nachbarn in Kontakt zu treten, eine aktive Zusammenarbeit aufzubauen und diese aus eigener Kraft aufrecht zu erhalten. Der Schwerpunkt auf deutscher Seite liegt darin, für die tschechische Sprache zu werben. Verständigung und Verständnis sind zwei wichtige Bausteine für die deutsch-tschechische Nachbarschaft!

Bestandsaufnahme der Sprachkenntnisse in der EUREGIO EGRENSIS

Im deutsch-tschechischen Grenzgebiet stellt die sprachliche Hürde das größte Hemmnis bei der gegenseitigen Annäherung dar. Im Gebiet der EUREGIO EGRENSIS ist nur eine Minderheit dazu in der Lage, sich mit dem Nachbarn in dessen Sprache auszutauschen. Dabei fällt die sprachliche Kompetenzverteilung deutlich zu Ungunsten der deutschen Seite aus. Während sich immerhin ein Drittel der Tschechen an Gesprächen auf Deutsch beteiligen können bzw. deutsche Texte verstehen, sind Deutsche in der Regel auf Dolmetscher oder Sprachmittler angewiesen.

Im böhmischen Teil der EUREGIO EGRENSIS ist Deutsch – entgegen dem nationalen Trend – an Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen noch immer die am häufigsten gelehrte Fremdsprache. Wie im Rest der Tschechischen Republik ist aber das Englische auch im Karlsbader Bezirk und dem ehemaligen Landkreis Tachau auf dem Vormarsch.

Im deutschen Teil der EUREGIO EGRENSIS ist Englisch ohnehin die am meisten nachgefragte Fremdsprache. Auch wenn die Volkshochschulen ein Interesse für die Sprache des Nachbarlandes registrieren, so fristet diese im Vergleich zu den Weltsprachen Englisch, Spanisch oder Französisch noch immer ein Nischendasein.

Vorbild "Sprachkompetenz Niederösterreich"

Dass jedoch die Nachfrage nach Kursen in der Sprache des Nachbarlandes gesteigert werden kann, zeigt ein Blick nach Österreich. Im Bundesland Niederösterreich wurde im Herbst 2003 eine „Sprachenoffensive“ gestartet, durch die an Schulen das Sprachangebot in Tschechisch, Slowakisch und Ungarisch ausgeweitet wurde.

Seit Beginn der NÖ Sprachenoffensive nahmen mehr als 56.780 SchülerInnen an den Schulen am Sprachlernangebot teil. Über 16.500 Kinder lernen in über 112 NÖ Kindergärten spielerisch Tschechisch, Slowakisch und Ungarisch. An den Schulen Niederösterreichs haben alleine im Schuljahr 2018/19 über 4.000 SchülerInnen an 141 Schulen das Nachbarsprachenangebot genutzt.

Aus der Initiative der Sprachoffensive gründete sich ein Sprachkompetenzzentrum, welches vom Land Niederösterreich 2017 als Projekt „Sprachkompetenz Niederösterreich“ übernommen wurde.

Vorbild "Sächsische Landesstelle für frühe nachbarsprachige Bildung"

Nachbarsprache von Anfang an! Unter diesem Motto setzt sich die Landesstelle für frühe nachbarsprachige Bildung dafür ein, die Sprachen im sächsisch-polnisch-tschechischen Raum von klein auf im Alltag der Kinder erlebbar zu machen und diese spielerisch erlernen zu können.

Aufgaben sind der Aufbau eines Monitorings zur frühen nachbarsprachigen Bildung in den sächsischen Grenzregionen, die Bereitstellung von Instrumenten für den landesweiten Transfer aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und guter Praxis vor Ort, die Entwicklung von Qualitätsstandards und Umsetzungsinstrumenten zur Qualifizierung und Unterstützung der Fachkräfte in den Bildungseinrichtungen sowie Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit.

Zielsetzung der Sprachoffensive in der EUREGIO EGRENSIS

Die Zurückhaltung gegenüber der Sprache des Nachbarlandes schränkt die Entwicklungsmöglichkeiten, die den Menschen in der EUREGIO EGRENSIS aus der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erwachsen könnten, enorm ein. Ziel der „Sprachoffensive Tschechisch / Sprachoffensive Deutsch“ ist es daher, die interkulturelle Kompetenz im Gebiet der EUREGIO EGRENSIS zu erhöhen. Um eine ausreichende Verständigungsfähigkeit von Deutschen und Tschechen herzustellen, ist es aber nicht notwendig, die Sprache des Nachbarlandes perfekt zu erlernen. Schon der Erwerb von Grundkenntnissen ist für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit enorm hilfreich.

Die Sprachoffensive besteht aus drei Schwerpunkten:

1. Bewusstsein erzeugen, Überzeugungsarbeit leisten, Nachfrage wecken
Vorrangig ist es nötig, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Sprache des Nachbarlandes im Hinblick auf den gemeinsamen Wirtschaftsraum zu erzeugen. Durch intensive Zusammenarbeit mit den Medien sowie durch Gewinnung von Multiplikatoren soll der Stellenwert der Sprache des Nachbarn erhöht werden (Lobbyarbeit).

2. Gute Beispiele aufzeigen, dokumentieren und vernetzen, Erfahrungsaustausch intensivieren
Die zahlreichen Initiativen, Angebote und Projekte, die bereits im Bereich der Sprachvermittlung existieren, sollen dokumentiert und vernetzt werden. Somit erhalten einerseits die Lernwilligen einen Gesamtüberblick über die vorhandenen Möglichkeiten, Sprachkenntnisse zu erwerben und zu vertiefen. Andererseits dient der Erfahrungsaustausch unter Dozenten der Verbesserung der Lehrangebote (Vernetzung).

3. Angebot erhöhen und fachlich unterstützen
Die EUREGIO EGRENSIS trägt dazu bei, das Angebot an Sprachkursen zu erhöhen bzw. zu stabilisieren. Für Schulen, Kindergärten, Behörden oder Betriebe, die entsprechende Angebote planen, sollen Informationen, Lehrmaterialien und Medien bereitgestellt werden (z. B. Lehrmaterialien für den Sprachunterricht).

Die EUREGIO EGRENSIS erhielt 2007 von der Kultusministerkonferenz und der Europäischen Kommission das „Europäische Sprachensiegel“ als Auszeichnung einer beispielhaften Initiative zur Förderung des Fremdsprachenlernens.

Online Sprach- und Kulturkurs Tschechisch

Mit zwanzig neuen Folgen erweitert der Kulturkurs 'Tschechisch in 100 Sekunden' sein Programm und erklärt Alltägliches und Regionales, ebenso wie zahlreiche Besonderheiten und Wissenswertes aus der deutsch-tschechischen Grenzregion. Dinge, die etwa für Tschechen Alltag sind, aber von denen die deutschen Nachbarn noch nie etwas gehört haben, werden unterhaltsam und informativ dargestellt. Der Sprach- und Kulturkurs "Tschechisch in 100 Sekunden" mit seinen inzwischen 80 Folgen macht vor allem neugierig auf die Grenzregion und darauf Verbindendes sowie Trennendes zu entdecken. Es handelt sich um ein EU-gefördertes Projekt, das im Rahmen des Ziel-3-Programms zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik entwickelt wurde. Die Beiträge stehen allen Interessierten zur Nutzung kostenfrei zur Verfügung.