Euregio will die Sprachhürde überwinden
Jahrespressekonferenz

An 27 Schulen in Oberfranken wird Tschechisch gelernt. Politiker aus Böhmen, Bayern, Thüringen und Sachsen ziehen eine positive Bilanz.
von Pit Fiedler

Schleiz. - „Wir Politiker müssen die Zukunft gestalten. Die Bewältigung der Vergangenheit gehört vor allem in die Hände von Historikern.“ Landrat Simon Wittmann aus Neustadt a. d. Waldnaab, der gegenwärtige Gesamtpräsident der Euregio Egrensis, drückt sich gerne klar aus. Seine Botschaft an die hochrangig besetzte Jahrespressekonferenz in Schleiz lautet: Das Gelingen der gemeinsamen euroregionalen Zukunft hängt entscheidend von der allseitigen Sprachkompetenz ab.

Neues Fachwörter-Buch

Damit sei natürlich nicht, wie er lächelnd anmerkt, die schon fast genommene bayerisch-sächsische Sprachhürde gemeint, sondern Deutsch und Tschechisch. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit zwischen Deutschland und Tschechien werde 2011 Wirklichkeit.
Ganz in diesem Sinne wird, wie die Präsidentin des bayerischen Teils der Euregio Egrensis, Dr. Birgit Seelbinder, erläutert, die 2005 initiierte und inzwischen sehr erfolgreiche „Sprachoffensive“ zur Verbesserung der tschechischen Sprachfertigkeiten fortgesetzt. Besonders gut sei in Schulen bislang die so genannte „Sprachanimation“ angekommen, die erste Kenntnisse über die Nachbarsprache spielerisch vermittelt. 2009 und Anfang 2010 wurden an 27 Schulen – darunter Realschulen, berufliche Schulen und Gymnasien – ungefähr 2000 Schüler in Oberfranken und in der nördlichen Oberpfalz erreicht.
Im Mittelpunkt steht auch auf diesem Gebiet für die Euregio der konkrete Nutzen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit für die Menschen. Viel erwartet sich Seelbinder deshalb von zwei neuen Projekten: ein praxisgerechtes Fachwörter-Buch Deutsch/Tschechisch für das Feuerwehrwesen, erarbeitet zusammen mit Experten aus Oberfranken, der Oberpfalz und Böhmen, und die Entwicklung einer intensiven Kooperation im Gesundheitswesen. Es soll vor allem um die Notfallrettung und die stationäre Versorgung im bayerisch-böhmischen Grenzraum gehen. Partner sind die Stadt Cheb/Eger, die Kliniken Karlsbad, die Kliniken Nordoberpfalz, das Klinikum Fichtelgebirge, der Landkreis Tirschenreuth und die Stadt Waldsassen.
Der Präsident der böhmischen Euregio Egrensis, František Čurka, hebt – neben dem Lob über die ebenso kompetente wie freundschaftliche Zusammenarbeit mit den anderen Arbeitsgemeinschaften – die Vielzahl von Aktivitäten bei der Tourismus-Entwicklung in der ganzen Euroregion hervor, angefangen bei der Teilnahme an Fremdenverkehrsmessen über einschlägige Verhandlungen mit Vereinen und Verbänden bis hin zur Organisation des alljährlichen Tourismus-Workshops in Cheb. Was die Zukunft bringe? Der nächste Workshop wird am 22. Mai stattfinden. Außerdem befinden sich nach Čurkas Worten zwei vielversprechende Projekte in Arbeit: die aktualisierte Ausgabe der Karte „Euregio Mobil“ und die Broschüre „Superlative“, die die Aufmerksamkeit der Besucher auf die Aushängeschilder der Euregio Egrensis lenken wird. Im Vorübergehen berichtet Čurka, dass die Arbeitsgemeinschaft Böhmen fünf neue Mitglieder zähle, darunter Loket und Krásno, und an Einfluss gewinne.

Einwohnerschwund dramatisch

Erschüttert von den neuen Vorhersagen zur Bevölkerungsentwicklung im Vogtlandkreis zeigt sich Landrat Dr. Tassilo Lenk. Der Bevölkerungsrückgang, führt der Präsident des sächsisch-thüringischen Teils der Euregio Egrensis aus, werde die Region bis 2020 mit einer bisher unvorstellbaren Gewalt ergreifen und verändern. Er drängt deshalb darauf, eine Demografiekomponente schon jetzt bei den Fördermaßnahmen zu berücksichtigen.
Lenks Erfolgsbilanz der Euroregion für das Jahr 2009 ist beachtlich. Neben acht Großprojekten und 35 Projekten der Regionenarbeit wurden rund 31 Kleinprojekte – wie Begegnungen, Bildungsmaßnahmen und touristische Aktivitäten – im Rahmen des sogenannten Kleinprojektefonds bewilligt, und das trotz einiger bürokratischer Hemmnisse.
Der Justizminister Thüringens, Dr. Holger Poppenhäger, kündigte in seiner Rede über „Europa als Rechtsgemeinschaft – gerade auch im Grenzraum“ an, mit den Arbeitsgemeinschaften der Euregio Egrensis zusammenzuarbeiten. Sie seien in ganz besonderer Weise Sensoren für das, was bei der Entwicklung politischer Prozesse wichtig ist, und er wolle deshalb von ihren Erfahrungen profitieren.